Das Wasserwerk muss nicht für trockene Keller sorgen

Frischwasserrohr im Wasserwerk Curslack
Blau ist die Farbe der Frischwasserrohre. Hier durchragt eines den Boden in der Lobby des Wasserwerks Curslack.
Die Trinkwasserversorgung der Stadtbevölkerung, dabei Mindestwasserstände gewährleisten und die eigenen Gräben sauber halten: Das sind die Pflichten, die das Wasserwerk Curslack hat. Das Wasserwerk ist nicht für die Absenkung des oberflächennahen Wassers zuständig. Gegen Überflutungen nach Starkregenereignissen und hohe Grundwasserspiegel müssen demnach andere Maßnahmen ergriffen werden. Dies ist das Fazit der Informationen, die die Drs. Czekalla und Müller von HamburgWasser gestern im Bergedorfer Regionalausschuss referierten.

Auf Antrag mehrerer Fraktionen gaben gestern die beiden Experten der Hamburger Wasserwerke Antworten auf die zunehmend drängenden Fragen der Entwässerung in den Vierlanden. In der Politik und in der Bevölkerung existiert seit längerem der Verdacht, dass das Wasserwerk Curslack nicht genügend zur Entwässerung unternähme. Der ungewöhnlich nasse Januar hatte das Vernässungsproblem erneut aufs Tapet gebracht, als auch weite Teile von wieder Curslack unter Wasser standen.

In diesem Teil der Anlage wird das fast fertig aufbereitete Frischwasser belüftet.
In diesem Teil der Anlage wird das fast fertig aufbereitete Frischwasser belüftet.
Diese Wahrnehmung in der Bevölkerung, dass es in den letzten Jahren immer schlimmer werde mit den Überschwemmungen, liegt auch daran, dass Starkregenereignisse in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, wie Czekalla ausführte. Der Januar habe 12 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gebracht; normal seien 6. Gegen soviel Oberflächenwasser wirke sich die Wasserförderung nicht wesentlich aus. Ein Hochfahren der Fördermenge verbiete sich jedoch aus technischen Gründen; zudem sei die Entwässerung des Landgebietes ausdrücklich nicht Pflicht des Wasserwerks.

21,3 Millionen Kubikmeter Frischwasser produziert das Wasserwerk Curslack jährlich, das sind 16 Prozent des Gesamtwasserbedarfs in Hamburg. Damit liegt die Fördermenge, die Grundwasserwerk produzieren darf, schon fast an der Kapazitätsgrenze, die die beiden angezapften Grundwasserleiter hergeben. Insgesamt 216 Flachwasserbrunnen ziehen Wasser aus etwa 30 Metern Tiefe aus dem oberen Grundwasserleiter, 16 Tiefbrunnen in teils über 100 Metern Tiefe aus dem zweiten Grundwasserleiter, der die Elbaue unterströmt. Das Wasser aus der tieferen Schicht ist weniger eisenhaltig und notwendig, um die Grundwassermischung in einen aufbereitbaren Zustand zu bringen, erklärte Czekalla. Der untere Grundwasserleiter ist das begrenzende Element bei der Fördermenge: Würde mehr Wasser aus ihm entnommen, würde die Salzfront, die dort unten ansteht, in den Brunnenbereich kommen und das Wasser unbrauchbar machen. Dies sei der eigentliche Grund, warum das Wasserwerk nicht mehr Wasser fördern und als Nebenwirkung für mehr Entwässerung sorgen könne. Czekalla machte mehrfach deutlich, dass das Wasserwerk Curslack per Vertrag nicht nur nicht verpflichtet sei, sondern dass es ihm auch gar nicht erlaubt sei, gezielte Entwässerung zu betreiben.

Die Flachbrunnen sind in einer Galerie angeordnet, die vom östlichen Altengamme bis ins westliche Curslack reicht. Damit erstreckt sich das Einzugsgebiet des Curslacker Wasserwerks auf rund 24 Quadratkilometer. Je 15 Flachbrunnen sind in getrennt steuerbaren Hebersystemen angeordnet, sodass das Wasserwerk je nach Bedarf die Brunnen ein- und ausschalten kann. Auf diese Weise ist, in einem gewissen Rahmen, die gezielte Absenkung hoher Grundwasserstände in einzelnen Arealen möglich.
Übersichtskarte über das Grabensystem, das in der Verantwortung von HamburgWasser ist
Übersichtskarte über das Grabensystem, das in der Verantwortung von HamburgWasser ist.
Wiedergabe mit frdl. Genehmigung von HamburgWasser


Es gibt aber auch Brunnensegmente, die ohne Pause Wasser fördern. »Die Brunnen im westlichen Ostteil und im östlichen Westteil laufen kontinuierlich durch.«, sagte Dr. Czekalla mehrmals. Gemeint sind damit die Brunnen östliche und westlich des Wasserwerks. Der Grund hier für ist, dass das Wasserwerk, als es in den 1930er-Jahren errichtet wurde, am tiefsten Punkt im Gelände angeordnet wurde. Hier in dieser Curslacker Senke beträgt die Geländehöhe 90 Zentimeter üNN. Das ist exakt die Höhe, die als Maximalwasserstand der ableitenden Dove-Elbe festgelegt ist, bevor die Sturmpumpen und Schöpfwerke anspringen, um die Wassermassen aus dem Landgebiet in die Elbe zu schaffen.

Rein physikalisch dürfte das Wasser demnach bis maximal unter der Geländeoberkante anstehen, aber nicht darüber. Dass trotzdem weite Teile von Curslack bei heftigem Regen oder auch Schneeschmelze unter Wasser stehen, hat seine Ursache im schlechten Zustand vieler Gräben. Das sagen Wasserwerk und Verwaltung unisono. Besonders im Bereich des Ortskern von Curslack seien viele der ehemaligen Gräben überbaut worden und heute auch nicht mehr so einfach zugänglich. Diese Gräben liegen nicht im Verantwortungsbereich des Wasserwerks, sondern ihre Pflege obliegt privaten Eigentümern oder der öffentlichen Hand.

Das Wasserwerk selbst hat keine vollständige Übersicht über alle Gräben in den Vier- und Marschlanden, aber selbstverständlich eine über das eigene Grabensystem. Die Verwaltung hat ihrerseits begonnen, ungepflegte Gräben in ihrem Verantwortungsbereich in Stand zu setzen. Außerdem wird die Verwaltung in diesen Tagen einen Prozess anstoßen, um nachlässige private Eigentümer von Gräben an ihre Pflichten zu erinnern: Der ebenfalls im Ausschuss anwesende Baudezernatsleiter Uwe Czaplenski hielt demonstrativ den Entwurf eines Briefes hoch, der »in diesen Tagen« an alle privaten Grabenbesitzer ausgesandt werden soll. »Wir erinnern freundlich, lassen aber auch schon durchblicken, dass wir das Schwert in der Tasche haben.« bekundete er die klare Absicht des Bezirksamtes, gegebenenfalls auch nachdrücklicher zu werden, wenn die Grabenmisere mit einem Brief allein nicht gebessert werden kann.

Die Politik indes setzt auch Hoffnungen auf die geplanten zwei neuen Schöpfwerke im Landgebiet. Peter Gabriel (SPD) äußerte die Zuversicht, dass die geplanten Schöpfwerke wesentlich zur Linderung der Überschwemmungsgefahr beitragen werden. Eins in Altengamme, eins in Tatenberg, so meinte er, sollten da schon spürbar helfen. Ob er mit dem Altengammer Schöpfwerk das im Rahmen der Airbus-Ausgleichsmaßnahme (Wiederversumpfung der Borghorster Elbwiesen) meinte, wurde in dem Moment nicht klar.

Kleigräber arbeiten mit der Hand oder mit schwerem Gerät: Frisch gesäuberter Graben des Wasserwerks Curslack am Gammer Weg, Altengamme.
Kleigräber arbeiten mit der Hand oder mit schwerem Gerät: Frisch gesäuberter Graben des Wasserwerks Curslack am Gammer Weg, Altengamme.


Hintergrund:
Wasserwerke in Hamburg-Ost mit viel Info über Curslack
Wasserschutzgebiet und Wasserwerk Curslack bei hamburg.de

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