Bergedorfer BV: »Das findet nicht unsere Zustimmung!« [UPDATE]

Wittorf Z1 - Verpressstelle Grapenmühlen (LK ROW)
Keine Dystopie, sondern heute schon reale Folge extensiven Gasbohrens: Mitten im Wald werden Abermillionen Liter Abfälle aus der Erdgasförderung im Untergrund endgelagert (Wittorf Z1 - Verpressstelle Grapenmühlen (LK ROW))
Alle politischen Fraktionen in Bergedorf wenden sich klar gegen Fracking. Das zeigen alle drei Anträge, die am kommenden Donnerstag in der Bezirksversammlung (BV) zu diesem Thema anstehen.[1] [2] [3]

[UPDATE] Einen Tag vor der Sitzung haben die drei Fraktionen ihre Anträge in einen gemeinsamen interfraktionellen Antrag überführt. Damit wollen sie den Beschluss beantragen:

»Die Bezirksversammlung Bergedorf lehnt eine Förderung von Kohlenwasserstoffen mittels der Fracking-Technologie im Gebiet des Bezirks Bergedorf ab...«

Weiter formulieren die Fraktionen gemeinsam: »Bezirksamtsleiter und Vorsitzendes Mitglied werden aufgefordert, sich in diesem Sinne nachdrücklich bei den zuständigen Behörden ein zu setzen.« Außerdem soll sich das Vorsitzende Mitglied bei den Hamburger Regierungsorganen Senat und Bürgerschaft dafür einzusetzen, dass das Bundesland Hamburg sich den Initiativen anderer Bundesländer anschließt, um Fracking in Hamburg zu verhindern, und dass Hamburg eine Bundesratsinitiative zur Reformierung des Bundesberggesetzes (BBergG) einleitet. [Update Ende.]

In der Sondersitzung des Regionalausschusses am 12. April 2013 konnten sich Bergedorfer und Hamburger Abgeordnete informieren und eine Meinung bilden und das haben sie getan. Nicht nur die Tatsache an sich, dass ExxonMobil mit Rückendeckung der Hamburger Wirtschaftsbehörde umweltschädliches Gasbohren im Hamburger Abschnitt der Tide-Elbe anstrebt, sondern auch die eklatant mangelnde Transparenz des Genehmigungsvorgangs, wie sie auch die Antwort auf die Anfrage der Linken an die Bergedorfer Bezirksverwaltung[4] zu Tage gefördert hat, spiegelt sich in den Anträgen wider.

»Es ist nicht absehbar, welche konkreten Gefahren durch das Förderverfahren „Fracking“ entstehen. Ein für die Öffentlichkeit in konkreter Zusammensetzung unbekannter, aber bekanntermaßen toxischer und kanzerogener Chemikaliencocktail in unserem Grund und Boden findet nicht unsere Zustimmung.«, formuliert beispielsweise die CDU als einen von mehreren Gründen ihrer Ablehnung. Dass »nach geltendem Recht, im Zuge eines Antragsverfahrens zur Förderung von Kohlenwasserstoffen die verfahrensführende Behörde und der jeweilige Antragssteller gemäß dem Transparenzgebot nicht zwingend verpflichtet ist, die Öffentlichkeit (Träger öffentlicher Belange, Interessenverbände, betroffene Menschen) umfassend zu informieren«, ist für die SPD einer der Gründe ihrer Ablehnung von Fracking im Bezirk Bergedorf. Linke und Grüne heben in ihrem gemeinsamen Antrag u.a. auf die Notwendigkeit von grenzüberschreitendem Handeln ab und fordern »Der Bezirksamtsleiter wird aufgefordert, sich bei den Nachbarländern Hamburgs für ein Fracking-Moratorium in den Einzugsgebieten der Hamburger Trinkwasserversorgung einzusetzen.«

Weil alle Fraktionen der Bergedorfer BV dasselbe Ziel haben, nämlich Fracking im Bezirk momentan zu verhindern, ist es gut möglich, dass es zu einer gemeinsamen Resolution kommt. Eine besondere Rolle wird dabei dem Bezirksamtsleiter zukommen, den SPD, Linke und Grüne als gewählten langen Arm der BV schon in ihren Anträgen auffordern, dem nach Hamburger Verfassung de facto alleinbestimmenden Senat Bescheid zu sagen, dass das dort demonstrierte Wohlwollen gegenüber ExxonMobil im Bezirk Bergedorf überhaupt keine Zustimmung findet.

Ein zweites Energiethema - Windenergie und die Repowering-Projekte in den Vier- und Marschlanden - stehen ebenfalls auf der Tagesordnung am Donnerstag. Der Vorsitzende des Stadtplanungsausschusses, Peter Gabriel, wird über das Zustandekommen des Bürgerbegehrens der Repowering-Gegner berichten. Diese hatten die Bergedorfer Bevölkerung gefragt: »Sind Sie für eine Beschränkung auf die jetzigen Höhen von Windkraftanlagen bis zu 100 Metern mit dem bisherigen Abstand zu den Wohnanlagen und lehnen Sie daher eine Änderung des Flächennutzungsplans für Altengamme, Curslack, Ochsenwerder und Neuengamme mit der Bebauung von Windkraftanlagen und zulässigen Höhen bis zu 180 Metern ab?«
Im Zuge dieses Berichts wird Gabriel auch die Positionen der in der BV vertretenen Parteien bekannt geben. Zuvor werden die Anträge von CDU und SPD besprochen worden sein: Während die CDU auf der Linie der anti-Repowering-Bürgerinitiativen argumentiert und von der BV Zustimmung zum Bürgerbegehren möchte, plädiert die SPD u.a. für die Durchführung eines Bürgerentscheids, bei dem die Frage des Bürgerbegehrens (s.o.) durch eine Gegenfrage ergänzt wird: »Sind Sie dafür, dass im Bezirk Bergedorf vier Flächen für leistungsfähige Windkraftanlagen ausgewiesen werden, damit Bergedorf seinen Beitrag zur Energiewende leistet, der Atomausstieg voran kommt und der Pannenreaktor in Krümmel für immer abgeschaltet bleibt?«

[1] Antrag Gegen Fracking im Bezirk Bergedorf (SPD)
[2] Antrag Fracking (LINKE, Grüne) – geänderte Fassung
[3] Antrag Kein Fracking in den Vier- und Marschlanden (CDU)
[4] Anfrage Antrag auf Aufsuchungsgenehmigung für das Gebiet 'Vierlande' (Linke)– mit Antwort

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Kommentare

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Leena am :

Zum Thema Windkraft/Bürgerbegehren:
Die vorgeschlagene Gegenfrage der SPD-Fraktion ist völlig am Thema des Bürgerbegehrens vorbei formuliert.
"Sind Sie dafür,…,der Atomausstieg voran kommt und der Pannenreaktor in Krümmel für immer abgeschaltet bleibt?"
Ich denke, da werden 2 verschiedene Themen miteinander vermischt. Wenn ich richtig informiert bin, bleibt AKW Krümmel in Schleswig-Holstein für immer abgeschaltet und dieses unabhängig davon, ob Hamburg die bereits im Bezirk Bergedorf ausgewiesenen Flächen für Windkraft erweitert oder nicht.
Ist die Botschaft bei einigen Volksvertretern und Online-Redakteuren immer noch nicht angekommen, dass es bei der Energiewende und Nutzung von erneuerbaren Energien nicht um die Frage „entweder-oder“ geht, sondern um die Frage „WIE“?

Fast 4000 Unterschriften für das Bürgerbegehren wurden von den Bürgerinitiativen gesammelt. Das ist mehr als ein eindeutiges Signal dafür, dass die Bürger und Bürgerinnen für den Einsatz der Windkraft mit Augenmaß sind.

Carin am :

Der wesentliche Inhalt der Gegenfrage ist der heraus gekürzte: »... damit Bergedorf seinen Beitrag zur Energiewende leistet...«.

Den Beitrag Bergedorfs zur Energiewende als Gegengewicht zur Ini-Frage ins Feld zu führen, die ja darauf abzielt, die Windräder nicht über 100 m hinaus zu bauen, erscheint logisch vor dem Hintergrund, dass durch die von den Inis gewünschte geringere Höhe keine Ertragssteigerungen und also auch kein Beitrag zur Energiewende zu Stande käme.

Man könnte nun darüber streiten, wie man einen Beitrag zur Energiewende messen könnte und ob Bergedorf durch die geplanten, repowerten Anlagen einen übermäßig hohen Beitrag zur Energiewende leisten würde. Den Atomausstieg und das AKW Krümmel in der Gegenfrage mit anzuführen, sollte wohl der Illustration des Wortes »Energiewende« dienen. Genauso gut hätte hier auch das Fracking angeführt werden können, das uns hier ja ganz real droht und das genauso wie die Atomenergie eine schlimme Eigenschaft besitzt, nämlich die Fähigkeit, uns hier in Vier- und Marschlanden unserer Lebensgrundlage zu berauben oder uns doch zumindest sehr krank zu machen.

Peter Müller-Maas am :

Immer wieder schaue ich gerne in eure Online-Zeitung und merke, dass die Themen zur Energiewende sehr am lodern sind, im Osten bei uns und im Westen bei euch. Wenn Leena anmahnt, dass es bei der Energiewende um das WIE geht, dann kann das ja nur eine dieser fortlaufenden, sich ständig verändernden Situationen sein, die unser Leben sowieso immer umgeben wird. Da können wir indessen als Umweltbetroffene und- Gefährdete richtig mitmischen und das WIE hinreichend mitgestalten.
Ein nun eigentlich fortschrittlicher Radiosender, Deutschlandradio Kultur, strahlte unlängst einen Beitrag über Fracking aus, http://www.dradio.de/download/194088/, in dem kein Wort über Energieeinsparung, oder über Energiewendeverhalten zu hören war, stattdessen aber die abenteuerliche redaktionelle Schlussfolgerung,
vgl. Seite 11, Absatz 6 –Sprecherin:: Ein allgemeines Fracking-Verbot wäre trotzdem falsch. Erdgas ist für die Energiewende vorerst unverzichtbar, Schiefergestein ist eine wichtige Quelle. In Deutschland könnten wir zeigen, wie sie sicher angezapft werden kann. Denn unsere Öffentlichkeit ist aufmerksamer, unsere Umweltlobby ist stärker, die Umwelttechnik ausgereifter und die Bohrindustrie schwächer als in den USA und den meisten Ländern, aus denen wir das Gas importieren, das wir selber nicht fördern.

Eigentlich ist eine Kommentierung entbehrlich. Trotzdem, weil ich es nicht lassen kann:
Hier wurden bloß wieder technische Gutgläubigkeiten, insbesondere deren deutsche Qualitätsanteile, geschürt, nach dem Motto: Wir werden der Welt schon zeigen, wie „umweltverträgliches Fracking“ geht. Was nun aber an alledem das Schärfste ist, ist der Hinweis auf die starke Umweltlobby in unserem Land. Die meinen damit übrigens uns, die Mitglieder der Bürgerinitiativen und der Umweltverbände und bezeichnen uns auch noch als Garanten für das Gelingen der aktiengesteuerten Fracking-Hysterie.
Was nicht nur in dieser Sendung, sondern auch sonst immer geschieht, ist die Annahme, es werde mit dem Energieverbrauch so weitergehen, wie bisher. Das halte ich übrigens für völlig ausgeschlossen. Von daher ist es konsequent und überhaupt nicht verboten, auf eine Aktion des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. Friends of the Earth Germany) initiierten Plattform, http://www.die-buergerenergiewende.de/energiebuergerinnen/, hinzuweisen, auf der jeder einmal seinen höchstpersönlichen Beitrag zur Energiewende schildern darf.

Peter Müller-Maas
Rietz-Neuendorf
Brandenburg
Landkreis Oder/Spree

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