»Naturschutz ist ein Wirtschaftsfaktor«

Jutta Blankau, Dr. Juliane Rumpf, Dr. Stefan Birkner, Dr. Hans-Heinrich Witte, Jens Meier und François Kremer
Von Hamburg, Hannover und Kiel bis nach Brüssel: Politik- und Wirtschaftsführer demonstrieren länderübergreifende Einigkeit in Sachen Tide-Elbe-Bewirtschaftung
Unter dem Motto »Gemeinsam für die Tideelbe« stellte am gestrigen Montag eine hochkarätig besetzte Runde den »Integrierten Bewirtschaftungsplan (IBP)« vor. Gemeinsam mit Hamburgs Umweltsenatorin Jutta Blankau und ihren Amtskollegen Dr. Juliane Rumpf (LMUR Schleswig-Holstein) und Dr. Stefan Birkner (Niedersachsen) freuten sich Dr. Hans-Heinrich Witte von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord, Jens Meier, Chef der Hamburg Port Authority, und als Gast EU-Kommissar François Kremer über den nach fünf Jahren Arbeit fertig gestellten Maßnahmenkatalog für die Tideelbe, also den 148 km langen untersten Flussabschnitt und die Elbaue von Geesthacht bis zur Nordsee.

Bei einem IBP geht es um wirtschaftsverträglichen Umweltschutz bzw. um naturverträgliche Wirtschaftsentwicklung. Der IBP Tideelbe sei unter Berücksichtigung der »Interessen der Schifffahrt, der Hafenwirtschaft, der Kommunen, der Wassersportler und Fischer, des Küstenschutzes und der Wasserwirtschaft« erarbeitet worden, erläuterte Blankau. »Der Schierlingswasserfenchel ist unser Panda-Bär!«, sagte sie weiter. Hamburg habe bereits einige der im IBP Tideelbe formulierten Maßnahmen angeschoben und ginge auch noch weiter. So sei bspw. für die »Altengammer Wiesen« ein Konzept in Auftrag gegeben worden. Mit den Worten »Working with nature - Naturschutz ist ein Wirtschaftsfaktor« illustrierte HPA-Chef Meier die zeitgemäße Entwicklung der Unterelbe. Dies schreibe der IPB Tideelbe fest. Natürlich gehe der IBP konform mit der EU-Leitlinie zur Bewirtschaftung von Ästuaren, ergänzte EU-Kommissar Kremer und lobte das Werk als Musterbeispiel für andere Flussgebiete, die in ähnlicher Weise bearbeitet werden müssten.

Der IBP Tideelbe beplant das Gebiet bis 2020. Darüber hinausgehende, schon absehbare Entwicklungen wie z.B. der Anstieg der Meeresspiegel, seien soweit möglich berücksichtigt worden, sagte Blankau. Vom geplanten Fahrrinnenausbau (Elbvertiefung) und dessen erwartbare Auswirkungen auf den Ästuar spricht der IBP hingegen nicht. Die Elbvertiefung gehöre in ein anderes Ressort, der IBP weise lediglich die vorgeschriebenen Ausgleichsflächen aus, erklärten die drei Umweltminister. Die Umweltverbände, mit denen der IPB ja auch ausgehandelt wurde, begrüßen den Plan im Grundsatz, kritisieren im selben Atemzug aber die Elbvertiefung, die den Plan quasi nutzlos mache.

Auf die unmittelbaren, möglichen Folgen der kommenden Hamburger Maßnahme am oberen Ende der Tideelbe, der Airbus-Ausgleichsmaßnahme in den Borghorster Elbwiesen, und die damit verbundenen Sorgen der Anwohner in Geesthacht-West wegen mangelndem Hochwasserschutz angesprochen, sagte Dr. Rumpf, sie habe gute Mitarbeiter, die alles geprüft und für gut befunden haben. Sie habe vollstes Vertrauen in die Expertise ihrer Mitarbeiter und es müsse sich niemand Sorgen machen.

Es folgt die Pressemitteilung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt zum IBP:

Gemeinsam für die Tideelbe
Verständigung zwischen Wirtschaft und Naturschutz an der Unterelbe

Titelblatt IBP-Bericht 2012Die Norddeutschen Elbanrainer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und die Hamburg Port Authority haben heute den gemeinsam beschlossenen Integrierten Bewirtschaftungsplan (IBP) für die Tideelbe vorgestellt. Mit dem Gemeinschaftswerk werden die Ziele des Naturschutzes für die Region erstmalig länderübergreifend dargestellt. Neu ist auch die umfassende Verständigung des Naturschutzes in den drei Ländern mit der Schifffahrtsverwaltung des Bundes und Hamburgs.

Übergeordnetes Ziel ist die Umsetzung der europäischen FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) mit ihren Erhaltungs- und Wiederherstellungsverpflichtungen für die Tideelbe. Dieses Ziel ist in den vergangenen Jahren mit den Interessen der Schifffahrt, der Hafenwirtschaft, der Kommunen, der Wassersportler und Fischer, des Küstenschutzes und der Wasserwirtschaft abgestimmt worden. Die Wiederherstellung eines naturnahen dynamischen Gleichgewichts in und an der Tideelbe stand dabei im Vordergrund. Der integrierte Bewirtschaftungsplan ist ab jetzt Leitlinie staatlichen Handelns an der Elbe von der Mündung bis Geesthacht.

Um den Zustand der Elbe zu verbessern, haben sich die Partner auf insgesamt mehr als 200 Maßnahmen geeinigt. Das etwa 46.000 ha große Areal für die Realisierung umfasst die Wasser- und Vordeichflächen von Geesthacht bis zur Elbmündung (siehe anliegende Karte). Die Spannweite der Maßnahmenvorschläge reicht von der Schaffung von Prielen und Flachwasserzonen (z. B. der Schaffung eines Priels in Overhaken in Hamburg) über Programme für Arten und Lebensräume (z.B. einem Schutzprogramm für Lachseeschwalben im Neufelder Vorland) bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit.
Viele Maßnahmen sollen bis zum Jahr 2020 umgesetzt werden, einige größere sind jedoch durchaus visionär und nur langfristig umsetzbar.

Jutta Blankau, Hamburgs Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt: "Mit dem IBP haben wir gemeinsam eine hervorragende Basis für das Management der Unterelbe geschaffen. Jetzt gilt es, am Ball zu bleiben: Wir in Hamburg haben bereits einige Projekte angeschoben."

Dr. Juliane Rumpf, schleswig-holsteinische Umweltministerin: "Naturschutz kann nur gelingen, wenn wir die verschiedenen Interessengruppen von Anfang an einbinden."

Dr. Stefan Birkner, niedersächsischer Umweltminister: "Das vorliegende, ambitionierte Planwerk ist ein Beleg für einen gelungenen Interessenausgleich zwischen den Naturschutz- und Nutzungsbelangen!"

Dr.-Ing. Hans-Heinrich Witte, Präsident der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord: "Ökologisches Handeln ist eine der tragenden Säulen unseres Selbstverständnisses. Wir planen, unterhalten und bauen mit der Natur und den Menschen. An der Tideelbe haben wir jetzt das gemeinsame Ziel zum Wohl der Elbe definiert."

Jens Meier, Geschäftsführer der Hamburg Port Authority: "Die Elbe ist die Lebensader für die Logistikwirtschaft im Norden. Gleichzeitig ist sie ein einmaliger Naturraum. Dank der gemeinsamen Initiative, die Anforderungen von Natur und Wirtschaft zukünftig besser in Einklang zu bringen, haben wir nun eine klare Orientierung für die Planung und Umsetzung wichtiger Infrastrukturmaßnahmen."

Der Plan ist das Ergebnis eines transparenten und öffentlichen Abstimmungsprozesses. Zwei Planungsgruppen mit insgesamt etwa 100 Mitgliedern haben Maßnahmen und Inhalte des Plans über vier Jahre intensiv diskutiert und entwickelt.

Hintergrund
Der Integrierte Bewirtschaftungsplan für das Elbeästuar (IBP) wurde auf Grundlage eines Abkommens vom September 2007 zwischen den Ländern Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein sowie der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord und der Hamburg Port Authority erstellt. Zum Elbeästuar gehören die Wasser- und Vordeichflächen der Elbe von Geesthacht bis zur Elbmündung.
Mit dem Plan setzen die fünf Partner die Vorgaben der europäischen FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) um. Hiernach sollen für die Gebiete des europäischen Netzes NATURA 2000 Managementpläne erstellt werden, die dazu beitragen, einen günstigen Zustand der Gebiete zu und damit die biologische Vielfalt zu erhalten.

Ziele des IBP sind u. a. die transparente Darstellung der Naturschutzziele, die Vorbereitung von Maßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung, die Bereitstellung eines Orientierungsrahmens für Projekte und Maßnahmen und die Bereitstellung einer Beurteilungsgrundlage bei Beeinträchtigungen.
Das Bearbeitungsgebiet erstreckt sich über eine Stromlänge von etwa 148 km von Geesthacht bis zum Nationalpark Wattenmeer. Mit einer Fläche von insgesamt etwa 46.000 ha umfasst es auch die Wasserflächen der Norder- und Süderelbe im Hamburger Hafen, die zwar nicht zum europäischen Netz NATURA 2000 gehören, aber als Verbindungskorridore eine wichtige Funktion erfüllen.

Alle Aspekte und Maßnahmen des Plans wurden in zwei Planungsgruppen ausführlich diskutiert und abgestimmt. Mitglieder der Planungsgruppen waren u.a. Vertreter von Schifffahrt, Hochwasserschutz, Landwirtschaft, Fischerei, Jagd, Tourismus, Naturschutz, Wasserwirtschaft, Verkehr und Industrie.

Mehr dazu im Internet unter: www.natura2000-unterelbe.de/links-Gesamtplan.php

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