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Vortrag: Risiken und Chancen der Tiefengeother­mie

In Hamburg-Wilhelmsburg liegt ein Erlaubnisfeld für den Bodenschatz Erdwärme (blaue Fläche).
In Hamburg-Wilhelmsburg liegt ein Erlaubnisfeld für den Bodenschatz Erdwärme (blaue Fläche).
Über Technik, Methoden und den aktuellen Stand der Forschung referiert Ansgar Lieberei, Tiefengeothermie-Pro­jektleiter bei Hamburg Energie, am 9. April 2014 um 19:30 Uhr in Bergedorf.

Die Tiefengeothermie ist eine regenerative Energiequel­le in Tiefen ab 400 Metern unter der Erdoberfläche. Sie kann für Heizzwecke oder zur Stromerzeugung genutzt werden und so zur Energieversorgung bei­tragen. Doch neben diesen Vorzügen birgt die Technik auch Risiken, allen voran das Erdbebenrisiko, wie sich nicht zuletzt im schweizerischen Sankt Gallen zeigte.

Der Vortrag findet statt im Rahmen der regelmäßig öf­fentlichen Plenarsitzung der Bürgerinitiative Fracking­Freies Hamburg in der Gaststätte „Zum Gewerk­schafts-haus/Am Pool bei Toni“ (Vierlandenstraße 41, 21029 Hamburg). Herr Lieberei steht nach dem Vortrag für Pu­blikumsfragen zur Verfügung. Aus organisatorischen Gründen bittet die Bürgerinitiative alle interessierten Nichtmitglieder um Anmeldung bis zum 06. April, per Email an presse@bi-ffh.de.

Weitere Info:
Über das Wilhelmsburger Geothermie-Projekt

Umweltschützer fordern Speichertechnologie von Superminister Gabriel

Kartoffelbatterie
Kartoffelbatterie (Foto: Loadmaster)
Zu Gabriels EEG-Reform: Statt Vorhalten von Kraftwerkskapazität Speichertechnologie aufbauen!

Die BürgerEnergieAltmark eG hat zusammen mit der BI "Gegen das Steinkohlekraftwerk Arneburg" und weiteren 13 Initiativen und Organisationen, darunter die Bürgerinitiative FrackingFreies Hamburg, eine Stellungnahme zu Minister Gabriels "Eckpunkte zur Reform des EEG" als offenen Brief an den Minister gesendet, mit folgenden Schwerpunkten:

  • Speicherung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist schon heute entschlossen anzugehen. Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und Stromverbrauch sollte so zu jeder Zeit in Übereinstimmung gebracht werden, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

  • Der von Gabriel anstelle der Speicherung geforderte "zweite Markt für das Vorhalten von Kapazität" würde die Fortsetzung der Kohleverstromung mit ihren Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschäden bedeuten und ist deshalb abzulehnen.

  • Power to Gas als Speichertechnologie sollte eine Anschubfinanzierung aus steuerfinanzierten Fördermitteln über eine garantierte Einspeisevergütung des Speichergases erhalten.

  • Die Gewerkschaften sind aufzufordern, die soziale Gestaltung des Wandels der Energieerzeugung aktiv zu befördern und diesem Wandel nicht entgegenzutreten. Bisher in der konventionellen Energieerzeugung Beschäftigte sollten ein Vorrecht auf Arbeitsplätze in den neuen Energien erhalten.

  • Die paradoxe Berechnungsweise der EEG-Umlage ist so zu ändern, dass nicht der Verbraucher belastet wird, wenn die Börsenpreise für Strom dank der Erfolge der erneuerbaren Energien sinken.

  • Die Befreiung von der EEG-Umlage ist auf wenige klar begründete Fälle zu beschränken.

  • Beschränkung des Netzausbaus durch Nutzung dezentraler Stromvermarktung und des Gasnetzes im Power to Gas-Verfahren.

  • Abbau versteckter staatlicher Subventionen für konventionelle Energien, Anrechnung ihrer "externen" Umweltkosten.


Werner Diedrichs, Sprecher der BI FrackingFreies Hamburg: »Die BI FrackingFreies Hamburg steht voll hinter dieser Aktion. Statt unsinnigem Fracking brauchen wir eine intelligente Entwicklung unserer Energielandschaft. Der forcierte technologische Fortschritt in punkto Speichertechniken gehört zur Energiewende wie der Deckel zum Topf.«

Hier kann der Offene Brief an Minister Gabriel abgerufen werden:
www. gegen-steinkohlekraftwerk-arneburg.de

Virtueller Wahlkampfauftakt der CDU Bergedorf

bunt angemalte tastaturVier Monate vor der Hamburgischen Bezirkswahl startet die Bergedorfer CDU ihren Wahlkampf. Ihre beiden Frontmänner, Dennis Gladiator (Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft) und Sven Noetzel (Fraktionsführer Bergedorf) wollen nun von der Bevölkerung wissen, wo der Schuh drückt. Welche Verbesserungen soll die Bezirkspolitik in der kommenden Legislaturperiode umsetzen?

Damit man nicht wie früher oder bei den anderen Parteien zum Telefonhörer greifen muss, hat das Team von Gladiator/Noetzel unter dem Motto »Richtig für Bergedorf« eine extra Website aufgesetzt: richtig-fuer-bergedorf.de. Dort kann man, Internetzugang vorausgesetzt, Verbesserungsvorschläge für den Bezirk direkt posten.

Die virtuelle Wunschbox wird gut angenommen. »Kein Fracking in Bergedorf« scheint der erste Wunsch gewesen zu sein, der in den elektronischen Briefschlitz eingeworfen wurde. Er steht nämlich ganz unten auf der Ideenliste. Auch die fehlende Bahnhofsuhr, mehr Sitzbänke im Villengebiet oder das »Anlegen eines Fuß- und Radweges entlang des Schleusengrabens von der Bergedorfer Innenstadt in die Vier- und Marschlande!« haben die Bergedorfer schon genannt. Eine verbesserte Anbindung der Vier- und Marschlande im öffentlichen Nahverkehr oder eine bessere Verkehrsregelung an der vielbefahrendsten Kreuzung in Neuengamme hingegen wurden noch nicht genannt.

Am 25. Mai 2014 ist Bezirkswahl in Hamburg und Europawahl in ganz Deutschland.

Oben pfui, unten pfui: Sondermüll in alte Bohrlöcher verklappen

Bohrlochskopf der Verpressbohrung Wittorf Z1 auf nicht-versiegeltem Boden.
Bohrlochskopf der Verpressbohrung Wittorf Z1 auf nicht-versiegeltem Boden.
Endlich kommt die unterirdische Sondermüllverklappung der Öl- und Gasbohrindustrie auf den Tisch! Der Arbeitskreis des Landkreises Rotenburg/Wümme hat am 11.12.2013 zum zweiten Mal getagt und laut einem Bericht in der Rotenburger Rundschau am nächsten Tag kam Ungeheuerliches ans Licht:
»Aus unserer Sicht ist die aktuelle Variante sicher und wäre nach wie vor die beste Lösung, weil man nicht so tief bohren muss und keine weiten Anfahrtswege hat.«, habe Dr. Nicolai Delling von RWE Dea in der Sitzung gesagt. Übersetzt heißt das, die Industrie hat bisher die billigste Variante der Entsorgung praktiziert, ohne sich einen Deut darum zu kümmern, welche Folgen akut und langfristig auftreten könnten und welchen Gefahren sie die Wasserversorgung der Bevölkerung aussetzen.

Die zuständige Bergbehörde (LBEG) hatte dies alles zugelassen. Ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne zu prüfen, ob wasser- und abfallrechtliche Erlaubnisse für eine derartige Sondermüllentsorgung erforderlich sind. Seit August 2011 sei das LBEG verpflichtet, zu prüfen, ob eine wasserrechtliche Erlaubnis für eine neue Verpressbohrung erforderlich sei, so antwortete 2012 der als Fachaufsicht zuständige Minister Bode auf die Frage des jetzigen Umweltministers Wenzel. Damit erweckte Bode den Anschein, es habe vorher keine wasser- und abfallrechtlichen Vorschriften gegeben, die bereits damals zu beachten waren.

Die damaligen Versäumnisse begründen Zweifel, ob die vor 2011 eingerichteten Versenkbohrungen und die Verklappung des Flowback aus Frac-Bohrungen und des giftigen Lagerstättenwassers überhaupt legal sind.

Das LBEG hatte zuletzt, auf Grund vermehrter kritischer Nachfrage und des wachsenden Drucks bis hin zu Strafanzeigen gegen die Verpresserei und wegen eingetretener Schäden eingeräumt, dass die Rückverpressung des mitgeförderten Lagerstättenwassers genau dorthin, wo es herkommt, eine bessere Variante wäre. Inzwischen, seit mindestens einem halben Jahr, heißt es auch von Seiten der Industrie, dass man diese Entsorgungsmethode vorbereite. Umgesetzt hat man sie aber noch nicht, die vermutlich illegale Verpresserei geht weiter wie gehabt.

Förder- und Verpressbohrungen im Landkreis Rotenburg/W. (Grafik: <a href="http://frack-loses-gasbohren.de/fracking-regional/">BI Frackloses Gasbohren</a>)
Förder- und Verpressbohrungen im Landkreis Rotenburg/W. (Grafik: BI Frackloses Gasbohren)
Allein im Landkreis Rotenburg/Wümme sind davon bekanntermaßen noch 5 Altbohrungen betroffen. Sie heißen, von West nach Ost, Sottrum Z1, Wittorf Z1, Söhlingen H1, Grauen H02 und Gilkenheide Z1. In ihnen sind mittlerweile Milliarden Liter flüssigen Sondermülls verklappt worden, nicht rückholbar, unkontrollierbar und sich unterirdisch ausbreitend, auch in Trinkwassergewinnungsgebiete wie die Rotenburger Rinne (die inzwischen stillgelegte, aber weiterhin genehmigte Verpressstelle Panzenberg liegt mitten in einem Trinkwasserschutzgebiet!), aber mit kleinstmöglichem Kostenaufwand der Industrie, für größtmöglichen Gewinn bei der Ausbeutung von Öl und Gas.

Möglicherweise sind bereits gesundheitsschädliche Folgen dieser fragwürdigen Praxis zu beklagen. In Wittorf, das in nur einem knappen Kilometer entfernt von der Verpressstelle Wittorf Z1 liegt, häufen sich die Krankheitsfälle. Krebs, Lungenerkrankungen, neurologische Krankheiten... »Jeder zweite ist hier krank!«, sagte ein Dorfbewohner. Von verdorbenem Brunnenwasser ist die Rede und von sprudelndem Wasser in Bächen, von toten Fischen, sagten die Wittorfer der Presse.

Die Verpressbohrung Wittorf Z1 ist seit 1995 als Sondermüll-Verklappstation in Betrieb. Die zugelassene Jahreshöchstmenge von 40 Tausend Kubikmetern Sondermüll ist mehrfach überschritten worden, nach Auskunft des LBEG 2011 um 2.681 m³ und im Jahr 2012 um 5.566 m³. Im Mai 2013 war es am Bohrlochskopf zu einem Vorfall gekommen, bei dem Giftmüll ins oberflächliche Erdreich gelangte.

Kritisch äußerte sich auch Dr. Matthias Bantz, Facharzt für Innere Krankheiten und Umweltmedizin in Rotenburg, in einem Leserbrief an die Rotenburger Rundschau zu den Ausführungen des o. g. Industrievertreters: »... man kann über diese bewusste Schönrednerei und Bagatellisierung der Risiken nur überrascht den Kopf schütteln. Es handelt sich um ein potenziell ernsthaftes gesundheitliches Problem für unsere Bevölkerung.«

Bohrlochplan Wittorf Z1 nach der Teilverfüllung (= Herrichtung zur Verpressbohrung)
Bohrlochplan Wittorf Z1 nach der Teilverfüllung (= Herrichtung zur Verpressbohrung)

Nicht nur flüssiger, sondern auch fester Giftmüll in der Altbohrung

Nachdem die kontinuierliche und, so muss vermutet werden, illegale Entsorgung von flüssigem Sondermüll aus der Öl- und Gasproduktion auf die billige Art nun endlich am Pranger steht, wird es auch Zeit, auf eine weitere fragwürdige Praxis hinzuweisen: Die Entsorgung von festem Sondermüll aus der Öl- und Gasproduktion beim Verfüllen von Altbohrungen.Der Sonderbetriebsplan zur Teilverfüllung der ehemaligen Förderbohrung Wittorf Z1 [PDF] und Umwidmung zu einer Verpressbohrung gibt eine erste Ahnung: Hier sind 1994 insgesamt etwa 7,5 Kubikmeter quecksilberhaltiges Material auf 1,5 Kilometern Länge verscharrt worden. Lt. Betriebsplan:
»Im Teufenbereich ca. 3800 m bis 2900 m sollen ca. 6,8 m³ Hg-haltige Rückstände aus dem Gasbetrieb Söhlingen eingebracht werden. Diese Abfälle wurden im Betrieb Söhlingen in 95 Stück 4 1/2" Steigrohren (ca. 870 m Länge) gesammelt. Im Teufenbereich 2400 m - 2300 m ... sollte ca. 1,7 m³ Hg-haltige Rückstände aus dem Gasbetrieb Hemsbünde eingebracht werden. Diese Rückstände wurden in 7" Casingen abgefüllt. Sowohl die 4 1/2" Steigrohre als auch die 7" Casinge wurden oben und unten mit Stahlplatten verschweißt.«

Dieses Ansinnen war vom Oberbergamt in Clausthal-Zellerfeld ohne Weiteres zugelassen worden und es ist davon auszugehen, dass der Plan auch so etwa umgesetzt wurde.

Kein Mensch weiß, in welchem Zustand sich die Behälter heute, nach 20 Jahren im warmen, feuchten Untergrund befinden. Auch weiß niemand, in welchem Zustand sich die Bohrung in jenem Bereich heute befindet und ob sich das Quecksilber inzwischen eigene Wege sucht. Hier ist noch viel zu bohren und Rechenschaft einzufordern.

NACHTRAG: Erst nach erneuter Nachfrage gab das LBEG eine weitere Unterlage heraus, die zum Zulassungsverfahren des Sonderbetriebsplans Wittorf Z1 gehört: Die Stellungnahme des NLfB (Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung) zum Änderungsantrag, mit dem RWE Dea die Erhöhung der jährlichen Verpressmenge von 20 auf 40.000 m³ jährlich sowie die zusätzliche Einleitung von "Reinigungswässern" und "verunreinigtem Oberflächenwasser" erreichen wollte.

Die Stellungnahme ist hier.

Hamburg: Fracking noch lange nicht vom Tisch

14.12.2013 | Als auf den Tag heute vor einem Jahr ein gewisses Schreiben das»Landesbergamt« in Hannover (korrekter Name: Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie; kurz: LBEG) verließ, hatte wohl niemand erwartet, dass das derartige Wellen in Hamburg schlagen würde. Doch das Schreiben enthielt den Bescheid für ExxonMobil [PDF][1], den Hamburger Süden von Altengamme bis Harburg nach Gas und Öl zu durchforschen zu dürfen und, im Falle, dass das Unternehmen fündig wird, auch eine Förderbewilligung erwarten zu können. Wohl mit allem, was zum Öl-/Gasbohren dazu gehört: Bohrtürme, zubetonierte Landschaft, heftiger LKW-Verkehr, Lärm -- und, so kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, auch Fracking.

Als das publik wurde, erhob sich eine Welle der Empörung. Die politischen Gremien im Bezirk Bergedorf waren sich fraktionsübergreifend schnell klar, dass sie Fracking ablehnen, die in Harburg etwas später auch. Bis auf die FDP lehnen die Bürgerschaftsfraktionen Fracking »grundsätzlich« ab. CDU, SPD und Grüne arbeiten noch an einem interfraktionellen Petitum haben eben den Senat aufgefordert, »die Anwendung der Fracking-Technologie unter Einsatz umwelttoxischer Substanzen zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgas- und Erdöllagerstätten in Hamburg und Umgebung weiterhin abzulehnen« und zwar solange, bis die Wissenschaft dem Fracking einen Persilschein ausstellt, so das Petitum sinngemäß weiter.
Die Linke beharrt auf ihrer Forderung nach einem Erkundungsstopp und einem Förderverbot bei der unkonventionellen Erdgasförderung.

Es bildeten sich zwei Bürgerinitiativen -- eine in Bergedorf und eine in Harburg --, die nach Kräften aktiv gegen Fracking im Allgemeinen und gegen die Aufsuchungserlaubnis Vierlande im Besonderen vorgehen.

Bereits zwei Monate nach der Erlaubniserteilung, im Februar, lagen Teile der Erlaubnisakte Vierlande offen. Die initiativen Bürger gelangten alsbald zu der Auffassung, dass die Erlaubnis Vierlande rechtswidrig erteilt worden ist. Sie führten zwei wesentliche Gründe dafür an: Zum einen war die Stellungnahme der Umweltbehörde unzureichend berücksichtigt worden. Diese hatte ausführlich begründet, dass die Erlaubnis, u. a. wegen der Sorge ums Trinkwasser und weil Fracking nicht ausgeschlossen ist, nicht erteilt werden soll. Zum anderen stellen die Initiativen in Frage, dass das LBEG überhaupt zuständig war, eine solch schwerwiegende Entscheidung wie diese Erlaubniserteilung für Hamburg zu treffen.

Am 12. April organisierte die BI FrackingFreies Hamburg eine erste Demonstration gegen Fracking in Bergedorf. In der Anhörung im Regionalausschuss Vier- und Marschlande am selben Tag brachten sie mit spitzen Fragen die Vertreter der Bergbehörden und des Unternehmens ins Schwitzen. Während die Vertreter der Wirtschaftsbehörde und des LBEG beteuerten, dass mit der Erlaubnis ja nur »Schreibtischarbeiten« erlaubt seien, gaben die Vertreter von Exxon unumwunden zu, dass sie gefundenes Öl/Gas selbstverständlich auch fördern wollen -- gegebenenfalls auch mit Fracking.

Olaf Scholz und Hamburgs Erdöl
Treibt die zunehmende Geldnot den Senat dazu, Fracking zu riskieren? Ein Blick in die Heimatkunde beim NDR.
Senat mauert

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Erlaubnis hatten Abgeordnete begonnen, Erklärungen vom Senat zu fordern. Dieser wollte zunächst nicht einmal das zugeben, was durch Presseveröffentlichungen längst bekannt war. Bis heute wehrt sich der Senat einzugestehen, dass mit der Erteilung der Erlaubnis Vierlande Fracking auf Hamburger Gebiet bergrechtlich ermöglicht worden ist. Senatorin Jutta Blankau versprach in der Senatsanhörung am 22. August: »Es wird in Hamburg kein Fracking geben.« Gemeinschädliche Wirkungen durch Bergbau seien in Hamburg nicht zu erwarten, sagte die Senatorin.

Ihre Begründung, man habe mit dem Unternehmen abgesprochen, dass auf Hamburger Gebiet nicht gebohrt werde, war unglaubwürdig. Zum einen widersprach sie dem, was Exxon in Bergedorf im April kundgetan hatte, zum anderen hätte dann Klaus Söntgerath vom LBEG in derselben Anhörung nicht immer wieder ausführlich beteuern müssen, dass über »Fracking oder nicht Fracking« in einem späteren Betriebsplanverfahren entschieden werden könne.

LBEG unzuständig

Auch die eigentlich erwiesene Unzuständigkeit des LBEG mochte der Senat nicht zugeben. Vor einem Jahr, als die Erlaubnis erteilt wurde, waren in sämtlichen relevanten Rechtsvorschriften nämlich Behörden als zuständig benannt, die schon seit bis zu 10 Jahren nur noch in den Geschichtsbüchern existieren. Das LBEG, das die Erlaubnis erteilt hatte, tauchte in keiner Hamburgischen Vorschrift auf. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, diese auf den aktuellen Stand zu bringen. Das ist im Grunde ein Skandal, denn so erfüllt die Erlaubniserteilung durch das unzuständige LBEG im schlimmsten Fall den Tatbestand der Amtsanmaßung, im geringsten Fall aber zeugt das von Schlampigkeit, die das vorgebliche Handeln "nach Recht und Gesetz" wie Hohn erscheinen lässt.

Die vom Senat behauptete Rechtsnachfolge des heutigen LBEG konnte die Bürgerinitiative in einem langwierigen Hin und Her widerlegen. Inzwischen, nach der öffentlich gewordenen Schlampigkeit veralteter Rechtsvorschriften, hat der Senat die Zuständigkeitsanordnung aktualisiert und das LBEG zuständig gemacht. Allerdings nicht mit rückwirkender Wirkung, sodass der Tatbestand der Unzuständigkeit deswegen nicht behoben ist.

Dazu kommt, dass das Hamburgische Bergbehördengesetz nach wie vor historische Behörden als zuständig führt, die es nicht mehr gibt. Ein Gesetz ist aber nach Auffassung von Fachleuten höher anzusiedeln als eine Zuständigkeitsanordnung. Auch hier hat der Senat also seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Eine Frage, die der Senat aktuell zu beantworten hat, ist jedenfalls, ob die für den 14.12.2012 -- den Tag der Erlaubniserteilung Vierlande -- erwiesene Unzuständigkeit des LBEG dazu führen muss, dass der Verwaltungsakt der Erlaubniserteilung zurückzunehmen ist.

Irreführende Pressemeldungen

Die Bundesregierung hat sich dieses Jahr sehr angestrengt, Bedenken zu zerstreuen. Im Frühjahr sollten dem Fracking angeblich engere Grenzen gesetzt werden, mit einer Gesetzesinitiative der Bundesminister Rösler und Altmaier. Der Gesetzentwurf scheiterte mehrmals im Kabinett und wurde, als er drohte, Wahlkampfthema zu werden, auf Eis gelegt. Der Mainstream-Presse gelang es daraufhin, das Thema Fracking in den Köpfen als »erledigt« zu markieren.

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen konnte das Thema nicht ignoriert werden, weil Initiativen und Verbände bundesweit Druck auf die Koalitionäre machten. Ganze 25 Zeilen widmet die GroKo dem Fracking, die direkt aus den Marketingabteilungen der Ölkonzerne stammen könnten, so geschickt suggerieren sie Entwarnung. Die Mainstream-Presse nahm's abermals auf und in den Köpfen der Allgemeinheit setzte sich erneut fest: »Fracking ist erstmal vom Tisch.«

Eine Auffassung, die bei näherem Hinsehen revidiert werden muss: Es gibt kein Fracking-Moratorium! Nicht nur das: Die Technik des Fracking soll weiter verbessert werden. Um das Risiko zu verringern, wie es heißt. Dazu soll mit Steuergeldern finanzierte Forschung initiiert werden. Vergessen wird dabei, dass das großflächige »Aufknacken« von Gesteinsformationen niemals kontrollierbar risikolos geschehen kann.
Und der alte Gesetzentwurf von Rösler und Altmaier soll nun einen neuen Anlauf nehmen -- jenes Gesetz, das zu Recht als »Frackingfördergesetz« bezeichnet wird, weil es erstmalig Fracking auf 86 Prozent der Landesfläche ausdrücklich erlauben würde. Dabei wird allerdings vergessen, dass gefracktes deutsches Gas keinen nennenswerten Beitrag zum projizierten Primärenergiemix Deutschlands leisten kann und daher energiepolitisch nicht notwendig ist. Zu dem klaren Ergebnis kommen sowohl KfW als auch ZEW und SRU.

Viele Anzeichen sprechen dafür, dass sowohl der Koalitionsvertrag als auch der Gesetzentwurf nur als »Beruhigungspillen« gedacht sind. In Wirklichkeit kaschieren sie nur, dass die tonangebenden Politiker den herbeigeredeten Verheißungen erklecklicher Gasmengen aus dem deutschen Untergrund mit der neumodischen »Technologie« Fracking erlegen sind. Unabhängigkeit von Russland, Arbeitsplätze, Wirtschaftsaufschwung, so tönt es aus den Lobbymündern.

Die Nebenwirkungen des Fracking, die Umweltverschmutzung und die Beschleunigung des Klimawandels, zudem das Ausbremsen der Energiewende, werden im »Beipackzettel« des Koalitionsvertrags geflissentlich unter den Teppich gekehrt.

Dennoch sind diese Pillen wirksam, das beweist, wieder einmal, die Mainstream-Presse, die die Mogelpackung der breiten Öffentlichkeit andient. Der häufigst gehörte Satz, den Aktivisten zurzeit hören, ist die erstaunte Frage: »Wieso? Ich denke, Fracking ist vom Tisch?«

Immer weiter geht in Deutschland das Austeilen von Lizenzen, die Fracking ermöglichen -- zuletzt pikanterweise in unmittelbarer Nähe zum Atomlager Gorleben. Wie immer werden auch weiterhin Betriebspläne für Bohrvorhaben eingereicht. Auch für Fracs: »Fracking-Pläne von Exxon schreiten voran«.

Die Behörden arbeiten wie gehabt, das Berggesetz gilt unverändert. Am Rechtsrahmen der Aufsuchungserlaubnis Vierlande hat sich in dem Jahr, in dem es sie nun gibt, nichts geändert. Was ExxonMobil am 12. April 2013 im Regionalausschuss kundgetan hat, hat weiterhin Bestand. Bis die Politik daran etwas ändert und/oder es gelingt, den Erlaubnisbescheid auf dem Rechtsweg vom Tisch zu fegen.

anti-Fracking-Aktivisten aus Hessen und Hamburg vor der Energiewenden-retten!-Demo in Berlin (30.11.2013)
Unter den 16.000 Teilnehmern waren auch anti-Fracking-Aktivisten aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen, Baden-Württemberg und Österreich bei der Energiewenden-retten!-Demo in Berlin (30.11.2013)


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[1] Genau genommen wurde die Aufsuchungserlaubnis Vierlande dem Unternehmen BEB GmbH & Co. KG erteilt. Die BEB gehört je zur Hälfte der ESSO und der Shell. Der Erlaubnisantrag wurde von der ExxonMobil Productions Deutschland GmbH (EMPG), einer Tochter der ExxonMobil, namens und im Auftrag der BEB gestellt.

Gutachten: Hat eine Zombie-Bergbaubehörde im Norden gewirkt? [UPDATE]

Durfte wohl noch nie Bergbauberechtigungen in S-H erteilen: Das LBEG im Geozentrum Hannover (Foto: Gerd Fahrenhorst)
Durfte wohl noch nie Bergbauberechtigungen in S-H erteilen: Das LBEG im Geozentrum Hannover (Foto: Gerd Fahrenhorst)
Ein guter Tag für Fracking-Gegner: Erlaubnisse und Bewilligungen für den Bergbau in Schleswig-Holstein, die seit 2006 vom Landesbergamt in Hannover/Clausthal-Zellerfeld erteilt wurden, sind möglicherweise rechtswidrig zu Stande gekommen. Dies hat das Gutachten »Oberbergamt für das Land Schleswig-Holstein« [PDF] des Wissenschaftlichen Dienstes des schleswig-holsteinischen Landestages (WiDi) herausgestellt. Zuständig nach aktueller Verordnungslage sei nicht das LBEG, sondern eine Behörde, die seit 2006 nicht mehr existiert.

Im Sommer hatten die Piraten im Kieler Landtag das Rechtsgutachten beim WiDi beauftragt. Dieser hat sich ausführlich juristisch mit der Frage beschäftigt, ob das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) kompetent ist, für das Land Schleswig-Holstein hoheitliche Entscheidungen zu treffen, und kommt zu dem Schluss:

Nach dem Wortlaut der einschlägigen Zuständigkeitsnorm ist daher fraglich, ob das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie zuständiges Oberbergamt für Schleswig-Holstein geworden und damit zur Bearbeitung der bergrechtlichen Verfahren nach § 10 BBergG (Erteilung bergrechtlicher Erlaubnis und Bewilligung) wirksam berufen ist.


Die Piraten im Landtag, bekanntlich Fracking-Gegner, sind höchst zufrieden mit dieser Aussage: »Das ist ein Riesenerfolg für unseren Kampf gegen das wasser- und gesundheitsgefährdende Fracking«, freuen sich die Abgeordneten der Piraten Angelika Beer und Patrick Breyer über das Ergebnis. »Die Landesregierung muss jetzt ernsthaft prüfen, ob über unsere natürlichen Ressourcen und ihre Ausbeutung nicht in Schleswig-Holstein selbst entschieden werden muss. Wir Piraten fordern außerdem eine öffentliche Bekanntgabe aller Vorhaben und ein Recht der betroffenen Kreise und Bürger auf Widerspruch gegen die riskante Rohstoffförderung auf ihrem Gebiet. Im Zeitalter der Energiewende brauchen wir keine klima- und umweltschädliche Erschließung neuer fossiler Energieträger. Das ist Gift für unser Klima und für unsere Umwelt.«

Auf gut einem Fünftel der Landesfläche Schleswig-Holsteins [PDF] ist inzwischen erlaubt worden, nach Öl und Gas zu suchen, und auf mehreren Gebieten auch, gefundenes Öl und Gas zu fördern -- Fracking nicht sicher ausgeschlossen. Allein in diesem Jahr hat das LBEG mindestens 8 Bergbauberechtigungen erteilt, möglicherweise durfte es das aber gar nicht.

Etwa 4 weitere Erlaubnis- bzw. Bewilligungsverfahren sind anhängig. Diese haben »Genehmigungsreife«, so Staatssekretärin Dr. Ingrid Nestle vor 2 Wochen in einem Schreiben an die Kommunen. Nach der Veröffentlichung des Rechtsgutachtens müssten diese Verfahren umgehend gestoppt werden. Das zuständige Umweltministerium war bislang für eine Stellungnahme zu der neuen Situation nicht erreichbar.

In Hamburg, wo die Frage nach der Zuständigkeit des LBEG für die Freie und Hansestadt bereits im Januar 2013 gestellt worden war, wird das neue Gutachten aus dem Norden begrüßt. Dort hat die örtliche Bürgerinitiative FrackingFreies Hamburg beharrlich über ihre Vertreter in der Bürgerschaft dem Senat entsprechende Fragen gestellt, nachdem die zuständige Hamburgische Bergbehörde die Frage zunächst als absurd zurückgewiesen hatte. Die Zuständigkeit des LBEG, die von der Bürgerinitiative angezweifelt wird, befindet sich in der Freien und Hansestadt noch in Klärung.

UPDATE 17:35 Uhr

Inzwischen liegt eine Stellungnahme der schleswig-holsteinischen Obersten Bergbehörde MELUR vor:

Statement des MELUR zum Fracking - Gutachten

Zur heute von den Piraten veröffentlichten Pressemittelung zum Fracking - Gutachten, sämtliche vom Landesbergbauamt (LBEG) erteilten Genehmigungen seien rechtswidrig, erklärte Energiewendeminister Robert Habeck: "Auch eine andere Behörde, wie immer sie heißen sollte, hätte genau so entscheiden müssen. Fracking muss politisch und nicht verwaltungstechnisch attackiert werden. Eine Schlupflochdiskussion über Behördenstrukturen hilft da nicht weiter. Was wir brauchen ist ein geändertes Bundesbergrecht. Die Initiative haben wir vor Monaten ergriffen - bisher ohne eine Mehrheit im Bundesrat zu finden. Da liegt der Hase im Pfeffer. Für Schleswig-Holstein werden wir über die Aufstellung von Zielen im Landesentwicklungsplan Fracking mit umwelttoxischen Stoffen für drei Jahre aus eigener Kraft verhindern, danach brauchen wir eine bundesgesetzliche Regelung. Die Auffassung des wissenschaftlichen Dienstes über die Rechtswidrigkeit der bisherigen Bescheide teilen wir nicht, weil nach unserer Auffassung das LBEG Rechtsnachfolger der früheren Bergbehörden ist. Ohnehin dürfen Bescheide des LBEG nur nach vorheriger Prüfung unseres Hauses erfolgen."

Hintergrund:
Die bestehende Zuständigkeitsregelung besteht bereits seit 1989. Das aktuelle Verwaltungsabkommen zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein aus 2008, welches die Zusammenarbeit in diesem Bereich regelt, hat diese Zusammenarbeit letztmalig bestätigt.
Die Kritik an der bestehenden Zuständigkeitsverordnung ist nicht neu. Im Zuge der allgemeinen Rechtspflege seitens des MELUR ist ohnehin geplant, dass die Zuständigkeitsverordnung neu gefasst wird.
Für bereits abgeschlossene Verfahren hat das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes keine Folgen, da die Bescheide des LBEG bestandskräftig sind.


Ganz offensichtlich stellt sich das MELUR auf den Standpunkt, dass das Gutachten keinen Einfluss auf die Genehmigungspraxis -- durch welche Bergbehörde auch immer -- hat. Stattdessen wird der aufgedeckte Mangel heruntergespielt und Reparaturmaßnahmen angekündigt, als handele es sich um einen nicht weiter wichtigen Defekt. Im MELUR ist man sehr bemüht, von dem Eklat abzulenken, den das Gutachten ausgelöst hat, indem eine politische Lösung als Allheilmittel für -- gelinde gesagt -- schlampigen Umgang mit Recht und Gesetz beschworen wird.

Fracking: Welche Strategie verfolgt das MELUR?

Hamburgs Wassereinzugsgebiete, zunehmend überlagert von Fracking-Erlaubnisfeldern
Hamburgs Wassereinzugsgebiete, zunehmend überlagert von Fracking-Erlaubnisfeldern
Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat eine umfangreiche Anfrage der Piratenpartei zum Fracking beantwortet [PDF]. Demnach sollen Anträge für Öl- und Gassuche im Land zukünftig ein bisschen transparenter gehandhabt werden und der Schutz des Wassers ein bisschen mehr in den Fokus rücken, bestehendes Recht soll ein bisschen besser ausgeschöpft werden. Damit ist die Debatte ums Fracking ein kleines Bisschen voran gekommen, denn nun wird die Position des zuständigen Energiewendeministeriums MELUR etwas klarer. Eine echte Annäherung an das im Koalitionsvertrag kategorisch propagierte Fracking-Verbot -- »Wir lehnen Fracking ab« -- sehen Kritiker darin allerdings nicht: Die vermeintlichen »Zugeständnisse« seien Gummiaussagen und letztendlich werde dem verfahrensführenden Landesbergamt weiterhin freie Hand gelassen -- und dessen Praxis ist bekanntlich eher industriefreundlich als umweltbewusst.

In Hamburg wird das Geschehen im nördlichen Nachbarland mit Argusaugen beobachtet, denn dessen potenzielle Fracking-Gebiete überdecken Hamburgs Wassereinzugsgebiete großflächig -- wie z.B. das Aufsuchungsgebiet Schwarzenbek, in dem der größte Teil des Einzugsgebiets des Wasserwerks Curslack liegt, das u.a. das Hamburger Zentrum mit trinkbarem Wasser versorgt.

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