Kinderbacktag: Vom Korn zum Schrot zum Brot

Kinder am langen Tisch formen BrötchenDas Rieck-Haus war heute »Museum zum Anfassen«. Zum ersten Mal in seiner Geschichte diente es als Kulisse für einen »Backtag für Kinder«. Die Frage des Tages lautete: Wie kommt das Korn vom Feld ins Brötchen? und dazu hatten sich die Engagierten im »Freundeskreis Rieck-Haus« eine Menge einfallen lassen, was Kindern ganz spielerisch viel erzählen kann und den Wert von Brot ganz neu einschätzen lässt.

Ohne etwas Belehrendes an sich zu haben und mit der tatkräftigen Unterstützung des befreundeten »Traktoren-Oldtimer-Club Hamburg (TOCH e.V.)« und Bäcker Heinz Hintelmann ist Ehrenamtlichen und Wissenschaftlern eine Mitmach-Ausstellung gelungen, die auf großes Interesse stieß. Allein 45 Kinder hatten sich zum Backen angemeldet, noch mehr Kinder waren gekommen, nebst Geschwistern, Eltern, Tanten, Onkeln, Groß- und Urgroßeltern. Es war ein herrliches Gewimmel im und um das Rieck-Haus herum.

Erika Garbers organisierte die kleinen Bäcker in Gruppen.
Erika Garbers organisierte die kleinen Bäcker in Gruppen.
Wie auf Bestellung strahlte am Sonntagmorgen die Sonne, nachdem es nachts noch ordentlich geregnet hatte. Bis um Elf der Backtag beginnen sollte und die ersten Kinder kamen, legten die Freunde und die TOCH-Leute letzte Hand an den Aufbau der Ausstellung. Da wurden Trecker platziert, Antriebsbänder an den Dreschkasten und die Schrotmühle angebracht, Handmühlen festgemacht, Lehrtafeln angeschraubt, altes Spielzeug ausgepackt... den großen Backofen hatte Bäcker Heinz schon in den frühen Morgenstunden angefeuert.

Pünktlich um Elf waren die Kinder zum Backen da und Erika Garbers klingelte alle mit ihrer Glocke am Backtisch zusammen. Der stand mitten auf dem Hof, fein mit weißem Wachstuch gedeckt, das in der Sonne strahlte. In der Mitte eine Reihe von Backblechen, am Kopfende Bäcker Heinz, der den Kindern das Formen der Brötchen und das Flechten der Brezel zeigte. Jedes Kind bekam eine Schürze, die die Tochter von Erika Garbers aus Geschirrtüchern genäht hatte. Fast alle Kinder hatten Unterstützung von ihren Müttern, Vätern oder Omas und wer alleine war, bekam Hilfe von Alicia Gutsch, der Erdbeerkönigin. Bald waren alle Bleche voll und kamen zu den Broten in den Backofen.

Großer Andrang bei Dr. Lux und seinen Getreidemühlen.
Großer Andrang bei Dr. Lux und seinen Getreidemühlen. Auf dem Tisch Schaugläser mit Korn/Mehl der diversen Mahl- und Reinigungsgrade von Schrot über Gries bis Mehl. Das Selbstgemahlene durften die Kinder mit nach Hause nehmen.
Die TOCH-Leute droschen Gerste und mahlten sie in der Schrotmühle.
Die TOCH-Leute droschen Gerste und mahlten sie in der Schrotmühle.
Spiele und Spielzeug wie früher fanden großen Anklang.
Spiele und Spielzeug wie früher fanden großen Anklang.
Bäcker Heinz buk die Kinderbrötchen  neben Brotlaiben und Butterkuchen.
Bäcker Heinz buk die Kinderbrötchen neben Brotlaiben und Butterkuchen.
Grazyna Päper aus Ochsenwerder mit Enkel Tom im antiken Brotwagen.
Grazyna Päper aus Ochsenwerder mit Enkel Tom im antiken Brotwagen.
Professor Hinrichsen wusste den Besuchern viel Wissenswertes zu erzählen.
Professor Hinrichsen wusste den Besuchern viel Wissenswertes zu erzählen.
4 Generation vor LANZ Bulldog, Bj. 1944
TOCH-Mann Thomas Zimmermann (57) mit Großvater (101), dessen Frau und Sohn Marian (6) vor dem eigenen LANZ Bulldog (72).
Nach dem Brötchen- und Brezelformen ging's ans Spielen. Professor Hinrichsen hatte viele verschiedene Spielzeuge mitgebracht, mit denen Kinder früher schon gespielt haben: Hohe Stelzen, mit denen man größer wird als die großen Leute, niedrige Stelzen mit untergenagelten Hufeisen, mit denen man wie Pferdchen trappeln kann, Diabolos, Wurfringe, Reifen, die mit Stöckchen und viel Geschick übers Pflaster getrieben werden ... mit dem Messer, das er immer bei sich trägt, schnitzte der Professor aus Weidenzweigen die dafür nötigen Stöckchen.

Spannend wurde es auch noch einmal, als der TOCH demonstrierte, wie früher, mit den alten Landmaschinen, das Korn gedroschen und zu Schrot gemahlen wurde. Aber bevor es losgehen konnte, musste erstmal der Glühkopf von Thomas Zimmermanns LANZ Bulldog Baujahr 1940 mit einer Lötlampe vorgeglüht werden. Als er heiß genug war, wurde der glüh- und zündkerzenlose Motor mit einem gekonnten Dreh am Riemenrad zum Leben erweckt. Bläuliches Abgas quoll aus dem Schlot und es wurde laut auf dem Platz. Ruckelnd setzte sich der Antriebsriemen zum Dreschkasten in Bewegung, wurde schneller und bewegte über Räder, Rollen und Riemen das Dreschwerk. Jetzt warfen die Männer oben Roggengarben in den Dreschkasten, bald darauf begannen am Hinterende die Körner in die dafür angebundenen Säcke zu rieseln und am Vorderende spuckte der Kasten das leergedroschene Stroh heraus, das die TOCH-Frauen mit der Forke auf den bereitstehenden Gummiwagen warfen. Es staubte und lärmte, die Sonne stach und man konnte sich gut vorstellen, wie den Leuten früher das Fell juckte bei dieser staubigen, schweißtreibenden Arbeit.

Schweißtreibend war auch die Station, die Dr. Lux betreute: Hier konnten die Kinder selbst Korn mahlen. Die beiden Mühlen, die Dr. Lux mitgebracht hatte, waren pausenlos in Betrieb. So groß war der Andrang, dass mittendrin das Korn alle war und schnell mehr Mahlgut von der Riepenburger Mühle geholt wurde. Mithilfe einer liebevoll handgezeichneten Schautafel sowie Schaugläsern voll Korn in verschiedenen Mahl- und Reinigungsgraden konnten die Kinder nachvollziehen, wieviele Aufwand betrieben werden muss, bis das Mehl fein und rein in die Tüte und ins Ladenregal oder ins Brot kommen kann.

Last, but not least stand ein alter Brotwagen auf dem Platz. Den hatte Jens-Peter Holm erst kürzlich gefunden, gekauft und ist nun dabei, ihn zu restaurieren. Mit diesem Wagen, der von einem Pferd gezogen wurde und ganz modern schon Gummireifen hatte, fuhr der Bäcker früher übers Land und verkaufte das Brot direkt vom Wagen herunter.

Vier Stunden dauerte der ganze Spaß und nachdem alle mit ihren Brötchen, leckeren frischen Broten, Butterkuchen und um einige tolle Erfahrungen reicher wieder gegangen waren, begann der Abbau der Eintagsausstellung. Jemand muss einen direkten Draht zu Petrus gehabt haben, denn jetzt zog sich der Himmel wieder zu und es sollte schon bald der nächste Regenguß über die Vierlande niedergehen.

Großen Anteil am Gelingen des heute erstmalig stattgefundenen Kinderbacktages haben Erika Garbers und Manfred Lux getragen, die viel organisiert und kommuniziert haben, sowie Professor Hinrichsen als Direktor des Altonaer Museums und somit des Rieck-Hauses, der den Aufbau dieses Tags im Freilichtmuseum fachlich begleitet hat. Nicht nur einmal wurde die Frage gestellt, ob es nächstes Jahr in den Sommerferien wieder so eine tolle Mitmach-Ausstellung gibt. Erika Garbers lachte, dass sie das wohl gern wieder tun wird. Auch Dr. Lux freute sich sehr, hatte er doch schon im Vorfeld gesagt: »Wir wollen einmal zeigen, dass wir vom Freundeskreis auch sowas auf die Beine stellen können.«

Haferähren, Gerstenähren, Weizenähren
Der rispige Hafer, die Gerste mit ihren langen Grannen und der kompakte Weizen – Getreidearten, die man zum Brotbacken nehmen kann und die in den Vier- und Marschlanden angebaut werden.

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Kommentare

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Fam. Baumann am :

Wir fanden es echt toll,unsere Kinder staunten nicht schlecht,was die Leute damals alles machen mussten nur um mal Brot herstellen zu können. Der Parkplatz ist leider zu klein,aber dafür alles andere perfekt.Nächstes Jahr kommen wir auf alle Fälle wieder.

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