Hochwasserschutz ab 2030 nicht mehr ausreichend?

Erinnerungsschild in der Haseldorfer Marsch an die Sturmflut von 1962
Erinnerungstafel in der Haseldorfer Marsch an die Sturmflut von 1962 (5.82 Meter über NN). N. e. Foto v. Huhu Uet
Würde die Sturmflut von 1962 heute, 50 Jahre später passieren, dann würde sie allein aufgrund des gestiegenen Meeresspiegels 10 Zentimeter höher auflaufen. Das sagen Wissenschaftler vom Institut für Küstenforschung am Helmholtz Zentrum in Geesthacht. Die Stürme hätten zwar, im Gegensatz zum Meeresspiegel, noch keine neue Qualität, doch rechnen die Geesthachter Küstenforscher auch mit der zukünftigen Änderung des Windklimas. Zusammen mit einem weiter ansteigenden Meeresspiegel wird das bewirken, dass Sturmfluten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um etwa 30 bis 110 Zentimeter höher auflaufen als heute, so die Berechnungen. So wie es jetzt aussieht, reicht unser heutiger Hochwasserschutz noch etwa 18 Jahre aus. Danach müsse »die Situation neu bewertet werden«, meinen die Experten lakonisch.

4 Prozent der Landfläche Deutschlands liegen auf maximal 2 Metern üNN. Steigt der Meeresspiegel um 1 Meter an, dann sind rund 1,55 Mio. Menschen an den Küsten Deutschlands vom Meerwasser bedroht; wenn er um 5 Meter steigt, verdoppelt sich diese Zahl.

Dennoch sind die Menschen optimistisch. Auch in den Vier- und Marschlanden sind sie guten Mutes, das zeigen allein schon die vielen neuen Häuser, die in den letzten Jahren hier entstanden sind und die noch entstehen sollen. Laut Bezirksamt sollen 10 Prozent der jährlich geplanten 600 neuen Wohnungen in den Vier- und Marschlanden gebaut werden.

Und die Menschen werden auch immer optimistischer, zumindest die 500 Hamburgerinnen und Hamburger, die für die Studie »Risikobewusstsein Hamburger Bürger für den Klimawandel 2011« [PDF] an einer Umfrage des HZG teilgenommen hatten. Zum vierten Mal in Folge waren sie 2011 per Telefoninterview zum Klimawandel und zu ihrer persönlich empfundenen Bedrohung durch den Klimawandel befragt worden. Wie Dr. Katharina H. I. Philipp aus der Abteilung »Sozioökonomie des Küstenraums« des HZG berichtete, sinkt die Bedrohlichkeit des Klimawandels im Bewusstsein der Küstenanwohner und damit die gefühlte Gefahr durch Hochwasser seit Jahren kontinuierlich.

Ob das nun als Erfolg der PR-Abteilung der »Klimahauptstadt 2011« zu werten ist oder ob auch in Hamburg ganz einfach der globale Abwärtstrend im Gefahrenbewusstsein zu verzeichnen ist oder ob sich die Menschen an ein »Leben mit dem Restrisiko« gewöhnen, das zu untersuchen steht noch aus.

Die drei aktuellen Ausstellungen über das Wirken von »Vincinette«, dem Sturm, der in der Nacht zum 17. Februar 1962 weite Teile Hamburgs unter Wasser setzte und mehrere Hundert Menschen das Leben kostete, mögen den einen oder andren doch etwas nachdenklich machen. Auch damals hatte es geheißen: »Zu einer Katastrophe kann es nach menschlichem Ermessen nicht kommen.«. Was, wenn tatsächlich um 2030 die Deiche nicht mehr hoch genug sind, die Schöpfwerke die tiefliegenden Gebiete nur unzureichend trocken halten können?


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Kommentare

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Dr.Jasper, Eckhorst 13 25491 Hetlingen am :

Deichschutz in 30 Jahren nicht mehr ausreichend? Wenn die Elbvertiefung kommt, sieht alles ganz anders aus. Dann wird es keine 30 Jahre dauern, bis die Lage kritisch wird.
Sins Flutungen von Zwischendeichland vorgesehen, wenn es in Hamburg gefährlich wird? Wie sicher sind dann noch die alten Binnendeiche?
Die Aussagen des HZG schaffen eine eher trügerische Sicherheit.

Carin Schomann am :

Flutungen im Zwischendeichland sind wohl nicht vorgesehen. Sie würden auch wenig nützen, denn das sind vergleichsweise geringe Volumina, die dorthin ausweichen könnten, zumindest bei uns hier im oberen Bereich der Tideelbe. Zudem würden die alten Deiche heutige Wasserstände nicht abhalten, ins Hinterland überzulaufen.

Das existierende Deichvorland wird aber derzeit maximal möglich "dem Fluss zurück gegeben" -- siehe die jüngste Baummaßnahme am Altengammer Priel; siehe die geplante Baumaßnahme in den Borghorster Elbwiesen; siehe diverse Rückdeichungspläne.

Wenn die Elbvertiefung kommt, die Flut also noch höher aufläuft, dann könnte das zusammen mit dem wiedervernässten Deichvorland und den Folgen des Klimawandels (mehr Oberflächenwasser!) recht bald dazu führen, dass heutige Wohngebiete in der Flussaue unbewohnbar werden -- gar nicht so sehr durch die Flut, sondern vielmehr, und das wird leider viel zu selten gesagt, durch *Wasser von unten*: Ansteigendes Grundwasser und Qualmwasser.

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