Der Schoß ist fruchtbar noch... Ein eiskalt geplanter, perfider Anschlag überschattete heute Nachmittag
die Enthüllung des Mahnmals gegen Zwangsarbeit in Bergedorf. Ein Attentäter sprühte neun hochbetagten Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor Beginn der Gedenkfeierlichkeit CS-Gas in die Gesichter, sodass sie notärztlich behandelt und ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Die Verletzten gehörten der Delegation von überlebenden polnischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern an, die eigens zur Enthüllung des Mahnmals nach Bergedorf gekommen waren. Der Täter wurde sofort von der Polizei festgesetzt. Die Feierlichkeit begann verspätet und mit verkürztem Programm in einer bedrückten Atmosphäre, weil die polnischen Ehrengäste fehlten und auch, weil Alfred Dreckmann sich entschuldigen lassen musste.
Das Mahnmal hat der
Bildhauer Jan de Weryha-Wysoczaski erdacht, anfangs gemeinsam mit der Schülerin Ella Slomann, die den ersten Entwurf konzipiert hat. Es symbolisiert »den Zwang, die Enge und die Angst«, die den aus ihrer Heimat Verschleppten von den Nazis zugefügt wurde. »Es ist schlicht und lässt dem Betrachter Raum, sich seine eigenen Gedanken zu machen.«, findet Bezirksamtsleiter Dornquast.
Es folgt eine Bilddokumentation der Enthüllungsfeierlichkeit.
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Inschrift auf der Gedenktafel:
UNRECHT NIEMALS VERGESSEN!
Während der Zeit des Nationalsozialismus, zwischen 1933 und 1945, wurden über 13 Millionen Frauen und Männer aus über 24 Nationen deportiert und zu Zwangsarbeiten gepresst. Die Verschleppten stammten aus allen Teilen Europas, die meisten aus der Sowjetunion, Polen und Frankreich.
Auch in Bergedorf wurden Tausende Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge des KZ Neuengamme, darunger auch Kinder, zur Sicherung der Kriegsproduktion eingesetzt. Sie waren unter unmenschlichen Bedingungen untergebracht, allein 15 Lager und Arbeitsorte befanden sich entlang der Kampchaussee, heute Kurt-A.-Körber-Chaussee. Nahezu jeder Bergedorfer Betrieb profitierte von der Zwangsarbeit.
Dieses Mahnmal soll daran erinnern, welches Unrecht ihnen angetan wurde, damit nie wieder geschieht, was damals geschah.
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NACHTRAG 4. Oktober 2012:
Wie schon wenige Stunden nach dem Anschlag bekannt wurde, handelt es sich bei dem Attentäter um den polizeibekannten Lohbrügger Neonazi Frank A..
Weil der Umstand, dass dies ein Neonazi und nicht einfach nur ein verwirrter (= psychisch kranker) Mensch ist, wie es eilfertig in der Standardpresse dargestellt wurde nach dem Motto »Bergedorf? Hat doch kein Nazi-Problem!!«, fand am letzten Freitag, dem 28. September ein Spontandemo gegen die Verharmlosung des real existierenden Neonazismus in Bergedorf statt. Dort machten Antifaschisten diesen zentralen Punkt noch einmal deutlich:
Auch Bergedorf hat ein Nazi-Problem! Immernoch!
NACHTRAG 29. Oktober 2012
Auch eine Art des Gedenkens:
Tattoos als Symbol für Schmerz und Unaussprechliches, tagesschau 29.10.2012