Fracking: Im Lauenburgischen nichts Neues, aber zunehmender Widerstand

Ausschnitte aus den jetzt veröffentlichten Antragsunterlagen und der Präsentation von PRD im August 2013: Offensichtlich hat die Bergbehörde weniger Information herausgegeben als geboten.
Ausschnitte aus den jetzt veröffentlichten Antragsunterlagen und der Präsentation von PRD im August 2013: Offensichtlich hat die Bergbehörde weniger Information herausgegeben als geboten.
Jahrelange seismische Untersuchungen und zwei, eventuell drei Erkundungsbohrungen plant das Unternehmen Pacific Rodera energy GmbH (PRD) bis März 2018 im Aufsuchungsgebiet Schwarzenbek. Sofern sie zugelassen wird, könnte die erste Bohrung noch 2014 schon nächstes Jahr stattfinden. Diese Information gaben Mark Hornett, Präsident der kanadischen Muttergesellschaft, und Dr. Jan Messer, das Unternehmen vertretender Rechtsanwalt bei der Hamburger Kanzlei CMS Hasche Sigle, am 7. August 2013 im Kieler Wirtschaftsausschuss, wo sie anlässlich einer Anhörung die Arbeitsprogramme präsentierten [PDF], die sie für die fünf Erlaubnisse Schwarzenbek, Bramstedt, Elmshorn, Gettorf und Ostrohe beantragt hatten.

Aus der Akte Schwarzenbek, die vor wenigen Wochen veröffentlicht wurde und die auch Teile des Erlaubnisantrags enthält, geht hervor, dass eine Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und/oder Erdgas mit Hilfe von Fracking nicht ausgeschlossen ist. Das Amt Hohe Elbgeest hat jetzt Widerspruch gegen den Erlaubnisbescheid eingelegt.

Von Anbeginn alarmierte das Ansinnen, im südlichen Teil des Kreises Herzogtum Lauenburg nach Öl und Gas zu suchen, ohne dass Fracking ausdrücklich ausgeschlossen wurde, die Bevölkerung, aber auch die örtlichen Verwaltungen. Erste Zusammenkünfte besorgter Bürger fanden bereits im Oktober/November 2012 in Gülzow und Kuddewörde statt, unmmittelbar nachdem die Nachricht durchgesickert war. Umgehend bildeten sich Bürgerinitiativen, die Fracking in jedem Fall verhindern wollen.

Klar ist: Weder die Bundesregierung noch die Landesregierung wollen oder können Fracking auf der bestehenden gesetzlichen Grundlage wirklich verhindern. Solange das Bundesberggesetz kein Fracking-Verbot enthält und auch die Landesgesetze der gefährlichen Bergbautechnik auf Dauer keinen Riegel vorschieben, ist Fracking möglich und wird auch gemacht. Der neueste Fall spielt sich in diesen Tagen in Mecklenburg-Vorpommern ab, wo aktuell am Saaler Bodden gefrackt wird oder in wenigen Tagen gefrackt werden soll.

Unzulässig späte und zu knappe Antworten auf Informationsbegehren der Öffentlichkeit
Am 17. April 2013 wurde die Erlaubnis Schwarzenbek erteilt. Mehrere Bürger stellten Anträge auf Akteneinsicht beim LBEG. Der älteste Antrag stammt aus dem Mai 2013 und war zum Jahresende immer noch anhängig. Die gesetzlich vorgeschriebene Frist von maximal zwei Monaten schien die Behörde nicht daran zu hindern, sich mit der Antwort sehr viel Zeit zu lassen. Ein weiterer Informationsantrag führte schließlich zur Herausgabe der Akte Schwarzenbek Mitte März 2014. Den hatte Dr. Reinhard Knof von der Bürgerinitative "Kein CO2-Endlager SH" im Oktober 2013 gestellt. Es bedurfte nach Ablauf der Maximalfrist mehrerer Mahnungen - bis hin zu mehrfachen öffentlichen Aufforderungen an Minister Habeck, das ihm untergeordneten LBEG anzuweisen, die Akten herauszugeben - bis die Behörde tätig wurde.

Dabei ist es nicht neu, dass das LBEG oft nur widerwillig die Informationsanfragen beantwortet und dabei nicht selten die Fristen verstreichen lässt. In einem Fall führte das zu einer öffentlichen Beschwerde in der Presse, in einem anderen Fall reichte es gerade noch, mit einer Untätigkeitsklage zu drohen, um die Information nach nur sieben Wochen Verspätung zu erhalten. In einem weiteren Fall sah sich das Niedersächsische Umweltministerium genötigt, dem Wirtschaftsministerium als Dienstaufsicht des LBEG folgende Sätze zu schreiben:
Soweit ein Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen besteht, sieht § 3 NUIG i.V.m. § 3 UIG vor, dass die Umweltinfomrationen dem Antragsteller grundsätzlich binnen eines Monats zugänglich zu machen sind. ... Diese Frist kann um einen weiteren Monat verlängert werden, wenn die Informationen derart umfangreich und komplex sind, dass die Monatsfrist nicht eingehalten werden kann. ... Auch die Anhörung etwaiger Betroffener, z.B. in Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind binnen dieser Fristen einzuholen. Das (N)UIG sieht insoweit keine Verlängerungsoption vor. Der Antragstellerin steht unbenommen der Frist des § 75 VwGO nunmehr die Möglichkeit einer Untätigkeitslage gegen die informationspflichtige Stelle zu.


Auch die Qualität der Akten ist fragwürdig. Wie oben schon aufgezeigt, wurden in der Akte Schwarzenbek Informationen gelöscht, die längst publik waren. Doch auch an vielen anderen Stellen muss gefragt werden, ob die Geheimhaltung der gelöschten Information tatsächlich rechtmäßig ist, ob sie also das öffentliche Informationsinteresse überwiegt. Dass sich das LBEG mit der Transparenz schwertut, hat es früher schon im Fall der Erlaubnisakte Vierlande bewiesen. Daraufhin musste es sich vom Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit sagen lassen:
Die begehrten Informationen über die Aufsuchung von Bodenschätzen im Gebiet der Freien- und Hansestadt Hamburg berühren öffentliche Belange von besonders hohem Gewicht. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil es sich um ein Aufsuchungsvorhaben handelt, dessen Ergebnisse darüber Aufschluss bieten können, ob die Gewinnung von Bodenschätzen mittels Hydraulic Fracturing (sog. Fracking) im Genehmigungsgebiet in Frage kommt. Durch derartige Fördermaßnahmen können Belange des Natur-, Grundwasser- und Siedlungsschutzes betroffen werden. Dies erkennt auch der Senat in seiner Antwort auf eine schriftliche kleine Anfrage an (Bürgerschafts-Drs. 20/7714). Inwieweit Hydraulic Fracturing diese Belange tatsächlich beeinträchtigen kann, ist eine in der Öffentlichkeit umstrittene Frage, zu der momentan ein politischer Meinungs- und Willensbildungsprozess stattfindet. Insoweit betrifft der Zugang zu diesbezüglichen Information auch über privatwirtschaftliche Tätigkeit auch einen – in der Demokratie – für die politische Willensbildung gewichtigen Bereich. Das bergrechtliche Genehmigungsverfahren ist deshalb ein Vorgang, der sich grundsätzlich unter den Augen der Öffentlichkeit zu vollziehen hat. Dies muss gerade angesichts des derzeit stattfindenden öffentlichen Meinungsbildungsprozesses auch Vorerkundungen und Aufsuchungen umfassen.


Auch Knof ist es nicht besser ergangen: »Die Herausgabe der Akten fand erst statt, nachdem ich einen Anwalt eingeschaltet hatte. Zudem kamen die Akten mit rechtswidriger Verzögerung und sind offenkundig übermäßig geschwärzt. Die im Vorwege angekündigte Bearbeitungsgebühr hat das LBEG nach dem Einlegen eines Widerspruchs und der Hinzuziehung eines Anwalts mehr als halbiert, was ich als Beweis werte, dass die Hinzuziehung eines Anwalts notwendig und das Vorgehen des LBEG rechtswidrig war. Dennoch hat mir das LBEG die Anwaltskosten bis heute nicht ersetzt.", so Knof.

Die bisher von allen Anfragen in SH erhaltenen Erlaubnis- und Bewilligungsakten sind hier abrufbar:
Bramstedt, Elmshorn, Ostrohe, Plön-Ost, Prasdorf, Preetz, Rosenkranz-Nord, Schwarzenbek und Schwedeneck-See

Rechtswidrige Erteilung der Erlaubnis Schwarzenbek?
Bereits Ende 2012 hatten das Amt Hohe Elbgeest, die Gemeinde Aumühle und der Kreis Herzogtum Lauenburg in Stellungnahmen gefordert [PDF], die Erlaubnis nicht zu erteilen, wenn Fracking damit erlaubt würde, und dies mit öffentlichen Interessen begründet. Das Umweltministerium (MELUR), als einzige Behörde direkt vom LBEG in das bergrechtlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren der Träger öffentlicher Belange einbezogen, hatte im Januar keine schwerwiegenden Einwände gegen die Erlaubniserteilung geäußert, obwohl es von den negativen Stellungnahmen Kenntnis hatte und obwohl es in seiner eigenen Stellungnahme zahlreiche natur- und wasserschutzrechtliche Belange aufzählt, die einem Fracking-Vorhaben entgegenstehen. Das LBEG stützte seine Entscheidung, die Erlaubnis zu erteilen, ausschließlich auf die Stellungnahme des MELUR und erklärte sich für nicht zuständig, was die Bedenken von Kreis, Amt und Gemeinde angeht:
Aus der Stellungnahme des MELUR ist zu entnehmen, dass keine gegenüber den volkswirtschaftlich-bergbaulichen Interessen vorgehenden öffentlichen Interessen vorliegen, die einen Bezug zu dem in Betracht kommenden Feld selbst haben, sich auf das gesamte zuzuteilende Feld erstrecken und somit die Aufsuchung im gesamten Erlaubnisfeld auszuschließen. Dem Antrag auf Erteilung der Erlaubnis für den Zeitraum von fünf Jahren ist somit stattzugeben.
Für vorgelegte Resolutionen/Aufforderungen der Kreise/Gemeinden zu Förderverfahren, Gesetzesänderungen, Verfahrensverzögerungen etc. ist das LBEG nicht zuständig bzw. sind in diesem Verfahren nicht zu behandeln.

Gemäß der Norm (§ 15 Bundesberggesetz) sind die Gemeinden als Behörden an bergrechtlichen Verfahren zu beteiligen. Umweltminister Robert Habeck hat nach langer Diskussion am 21. Januar 2014 Weisung an das LBEG erteilt, dass Gemeinden in Schleswig-Holstein über die Ämter bzw. direkt gemäß der o. a. Norm zu beteiligen sind. Die Rechtmäßigkeit der davor ohne Gemeindebeteiligung erteilten Bergbauberechtigungen - etwa 10 allein im Jahr 2013 - bleibt bis heute offen.

Die erste Version des Erlaubnisantrages Schwarzenbek wurde überarbeitet und neu eingereicht.
Die erste Version des Erlaubnisantrages Schwarzenbek wurde überarbeitet und neu eingereicht.
Kein Fracking?
Auf der Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Schleswig-Holsteinischen Landtages am 7. August 2013 erläuterte PRDs Anwalt Messer den anwesenden Abgeordneten und Vertretern von Verbänden und Initiativen, dass bei der Neuerschließung alter Ölfelder Fracking nicht nötig sei, weil mit neuer Bohrtechnik nun auch horizontal gebohrt werden könne. Man würde umweltfreundliche Arbeitsmethoden und ausschließlich "geprüfte und sichere Technologien" einsetzen. Bei den bekannten Lagerstätten würde man nicht auf Schiefergas oder unkonventionelle Lagerstätten fokussieren. Aussagen, die offensichtlich dem Widerstand gegen Fracking geschuldet waren.

Undeutlich blieb dabei die Tatsache, dass zu den im Antrag benannten Zielhorizonten beispielsweise der Posidonienschiefer gehört. Posidonienschiefer ist so hart und hält die in ihm sitzenden Kohlenwasserstoffe (Erdöl, Erdgas) so fest, dass sie, wenn überhaupt, nur mit Fracking gewinnbar sind. Der Umstand, dass das Wort »Posidonienschiefer« nur im ersten, Anfang 2011 gestellten Antrag auftaucht und später, in einem überarbeiteten Antrag in der Formulierung »... aber auch alle anderen Formationen auf Erdöl- und Gasvorkommen untersuchen, einschließlich Zonen geringer Porosität und Permeabilität...« versteckt wird, ändert nichts daran, dass das Unternehmen nötigenfalls auch Fracking einsetzen will.

Die Tatsache, dass »Zonen geringer Porosität und Permeabilität« im Erlaubnisbescheid für die Erkundung und Gewinnung nicht ausgeschlossen wurden, ermöglicht es dem Unternehmen, eine Zulassung zum Erbohren und Testen dieser Gesteinsformation zu beantragen. Mit der Erlaubnis, so, wie sie erteilt wurde, besitzt das Unternehmen eine Rechtsposition, die es unter den Umständen des bestehenden Rechts schwierig macht, eine solche Zulassung zu versagen. Daran ändert auch die landesplanerische Veränderungssperre nichts, die Anfang des Jahres von der Landesregierung installiert wurde: Ihre Lebensdauer ist endlich, danach »stehen wir auf verdammt dünnem Eis«, wie der Umweltminister es unlängst ausdrückte.

Vielleicht vermag der Widerstand der Gemeinden im Aufsuchungsgebiet Schwarzenbek dem Spuk Einhalt gebieten. Wenn sich herausstellen sollte, dass die Erlaubnis rechtswidrig erteilt wurde, dann könnten sie ihr Einvernehmen in einem Zulassungsverfahren für seismische Untersuchungen oder eine Tiefbohrung verweigern, mit dem einfachen Argument: Wo keine Erlaubnis, da keine Berechtigung für einen Betriebsplan-Zulassungsantrag.

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